„Projekt Seerosenteich“ nennt Sänger Philipp Poisel seine Konzertreise durch Deutschland. Dabei ist jeder einzelne Auftritt eine Unternehmung für sich: ein Ausflug in die Welt des Varietee und des Zirkus – und neuarrangierter Musikstücke. Neben Clowns, Zauberern und Seiltänzerinnen hat Poisel in die Oberhausener Arena ein Streichquartett eingeladen, ein Klavier aufstellen lassen und dem Kontrabass einen Platz auf der Bühne geschenkt.

Für das Programm hat Poisel eine Vielzahl seiner Stücke, die bislang auf zwei Alben erschienen waren, umgeschrieben, ergänzt und neu ausgeschmückt. Das Ergebnis präsentiert er in Oberhausen in schummrigem Licht, meist sitzend auf einem Barhocker, das Gesicht versteckt hinter einem großen Mikrofon. Seine gefühlvoll-ergreifenden Texte stellt er in den Vordergrund, er selbst bleibt dahinter, will nicht heraustreten aus dem Ensemble, das er um sich schart.

Damit die Atmosphäre auch richtig intim werden kann, ist die Oberhausener Halle in der Mitte abteilt worden. Der Innenraum ist komplett bestuhlt. Das hat alles schon etwas von einem klassischen Konzert im Opernhaus. Und auch die liebevoll gestalteten Bühnenbilder, die nach fast jedem Song ausgewechselt werden, leisten ihren Beitrag dazu. Die Ausstattung hätten sie aus Holz selbst gebastelt, berichtet Poisel stolz wie ein Waldorfschüler. Der rückseitig erleuchtete Hintergrund, der sich immer verändernde Landschaften darstellt, sei außerdem aus Butterbrotpapier zusammengeschnippelt worden.

Handarbeit, also. Ebenso wie die die zupfenden Gitarren, mit denen „Halt mich“ hawaiianisch wie ein Jack-Johnson-Song beginnt, beim Einsatz der Streicher aber rasch Melancholie entwickelt. Das eigentlich beschwingte „Eiserner Steg“, der Soundtrack zum Schweighöfer-Film „What a Man“, wird in eine Klavier-Version verwandelt und im Tempo rücksichtslos verlangsamt, dass beinahe ein ganz neues Stück entsteht. Bei „Seerosenteich“ und anderen Liedern wird Poisel außerdem von Alin Coen und ihrem elegischen Gesang unterstützt.

Alle Stück garniert der 29-jährige Poisel mit seiner immer wiedererkennbaren leicht näselnd-nuschelnden Stimme, die vor allem bei seinen ganz großen Songs „Wo fängt dein Himmel an“ und „Wie soll ein Mensch das ertragen“ wunderbar voluminös daherkommt. Bei letzterem sitzt der gebürtige Ludwigsburger am Klavier, vier Ballerinen verleihen dem Stück unter wummernden Paukenschlägen tanzend Ausdruck.

Wirklich rockig wird Philipp Poisel nur selten: als er und seine Band bei „Zünde alle Feuer“ zu Beginn des zweiten Sets in Astronautenkleidung auf der Bühne stehen, aber vor allem beim nicht enden wollenden „Als gäb’s kein Morgen mehr“. Dort springt der sonst so zurückhaltende Sänger wild umher und legt gar eine – wenn auch ungelenke – Breakdance-Nummer hin. Spätestens da sitzt auch im Publikum niemand mehr auf seinem Platz.

Von der heimeligen Stimmung und ergriffenen Stille ist plötzlich nichts mehr zu spüren. Erst recht nicht, als Poisel zur Zugabe unplugged auf die Bühne zurückkommt, ohne Mikro „Froh, dabei zu sein“ singt und immer wieder von Zwischenrufen der johlenden Zuhörer durcheinander gebracht wird. Da wird gelacht, mitgesungen und ausgelassen gefeiert.