Iron & Wine / Köln / 9.2.2011

Sam Beam ist 36 Jahre alt, hat fünf Kinder daheim in Texas, trägt einen dichten Rauschebart und hat an der University of Miami über Film doziert. In seiner khakifarbenen Bundfaltenhose und dem braunen Cord-Jackett sieht er dann auch aus wie ein verschrobener Uni-Professor, als er am Mittwoch im Rahmen seiner Deutschlandtour vor rund 800 Zuhörern die Bühne des Kölner Gloria Theaters betritt. Sam Beam ist ein Multitalent, er ist nämlich auch Sänger und tritt unter dem Künstlernamen Iron & Wine auf.

Im Gepäck hat er sein soeben erschienenes viertes Album „Kiss Each Other Clean“, mit dem ihm in den US-Billboard-200-Charts der Sprung auf Platz zwei gelang. Spielen will er aber, wie er nuschelnd durch seinen roten Bart ankündigt, auch alte Songs, einen Querschnitt aus seinem bisherigen Schaffen.

Beams Lieder entstammen der ältesten amerikanischen Musik: Neben Folk Rock vereinen sie Americana, Blues, Jazz und Funk, mal ruhig und zart, mal melancholisch und nachdenklich. Und auch mal laut, verspielt und kraftvoll. Zur Unterstützung hat Beam sieben Musiker im Rücken.

Die ruhigen Klänge überwiegen anfangs. Beams Stimme führt klar, eindringlich und manchmal leidvoll durch die Songs. Diese sind bisweilen nur minimalistisch mit Instrumenten untermalt, wenn Beam seine Geschichten erzählt und poetisch wird, von der Vergänglichkeit der Liebe und leidenschaftlichen Erinnerungen singt. Die Band bleibt vornehmlich im Hintergrund. Später stiehlt sie ihm dann hin und wieder die Show, wenn in der zweiten Hälfte des Konzerts die Songs gewordenen Jam-Sessions auf dem Programm stehen. Jeder einzelne Musiker bearbeitet seine Instrumente energisch, egal ob Banjo, Saxophon, Geige oder Congas. Gemeinsam verschmelzen sie zu einem treibenden Ganzen. Zum Schluss kommt dann noch der Überhit „Boy with a Coin“. Und während die Songs bis dahin aufgrund ihrer Beschaffenheit weniger zum Tanzen einluden, ist am Ende hierfür auch noch Zeit im Saal.

Es ist ein perfekt unperfekter Abend. Gebannt verfolgen die Zuhörer unmittelbar an der Bühne Beams Gitarrenspiel, es ist mucksmäuschenstill. Der Sänger macht nicht viel Aufhebens um seinen Auftritt. Er steht da, presst die Lippen ans Mikro, blickt immer wieder ins Publikum, hat Spaß dabei und freut sich sichtlich über den Beifall, der reichhaltig ausfällt. Dann lockert der bärtige Kauz die Stimmung, beginnt zu witzeln. An einer Stelle vergisst er seinen Text, kichert und bricht den Song lachend ab, um gleich noch einmal von vorne zu beginnen. Ein anderes Mal ist die Gitarre falsch eingestellt, Beam merkt es, stoppt und näselt sympathisch ins Mikro: „Das hätte was gegeben.“

Das Gloria-Theater, das kleine ehemalige Kino in der Kölner Innenstadt, trägt das Übrige zur Stimmung bei und sorgt mit den samtig-roten Wänden, dem schummrigen Licht und der kleinen Bühne für das entsprechende Flair und den idealen Ort für die Beam-Show mit all ihren magischen Momente. Das einzige, was fehlt, sind bequeme Sessel. So ließen sich die Klänge noch viel intensiver genießen.

Als Sam Beam um halb elf den letzten Song ansagt, geht ein Raunen durchs Publikum. „Früher oder später ist es immer soweit“, meint er lächelnd. Es scheint, als ob er wisse, wie sehr sich die Zuhörer im fast ausverkauften Saal wünschten, dass es immer weiter ginge. „Ihr seid wie meine Kinder, wenn sie schlafen gehen müssen!“