Es ist schon erstaunlich: „The xx“ bringen nicht gerade die besten Voraussetzungen mit, um in der rauen Musikwelt bestehen zu können. Das Indie-Trio aus London ist scheu und schüchtern, wirkt bisweilen ein wenig verschroben und spielt mit minimalistischer Präzision träumerische Melodien gleichsam voller Trauer und Schönheit. Und dennoch verkaufen sich die Platten der Briten millionenfach, Konzerte sind zum Teil schon Wochen im voraus ausverkauft. Auch so das Kölner Palladium, wo die Band auf ihrer Tour Station macht.

In der schlauchartigen Halle ist kaum mehr ein Durchkommen, als Sängerin Romy Madley Croft, Bassist Oliver Sim und Jamie Smith an der Drum Machine – allesamt Anfang 20 – die ersten Töne von „Angels“ anspielen. Zerbrechlich und filigran, gleichsam aber voller versteckter Energie klingt auch die erste Single des aktuellen, zweiten Albums des Band, „Coexist“. Mit ihrem speziellen Sound, dieser bandeigenen Mischung aus Electro-Beats und harten Bässen, den flirrenden Gitarren und den gegensätzlichen, sich aber wunderbar ergänzenden Stimmlagen des Gesangsduos Croft/Sim braucht noch nicht einmal der halbdurchsichtige Vorhang gefallen zu sein, und tosender Jubel brandet auf.

Dabei sind die jungen, schwarz gekleideten Londoner nicht sonderlich zuschauernah. Sie blicken kaum vom Boden auf, sprechen nur wenig mit den Fans. Ansagen werden vergebens gesucht. Stattdessen hüllt sich die puristische Bühne in nebelige Dunkelheit, blinzeln nur spärlich Spots auf. Zwischendurch flackern gezielt eingesetzte Lichter umher und verströmen eine mystische Aura schemenhafter Schatten.

Rund siebzig Minuten gibt sich das Trio Zeit, einen Querschnitt ihrer Platten zu präsentieren. Thematisch bleiben sich Croft und Co. dabei stets treu, drehen sich ihre Texte doch um die große Kiste Liebe. Da wird das Ende einer Beziehung überdacht („Missing“), das Chaos der Gefühle besungen („Reunion“) und das Gefühl von Fremdheit einem wohl bekannten Menschen gegenüber beschrieben („Sunset“). Immer wieder spiegeln sich Bilder von Ungewissheit, Unvermögen und Versagensängsten ab. Gute Laune hat da wenig Platz.

Und so sind auch die Annäherungen Sims an Croft, der immer wieder auf die Sängerin zugeht, ganz nah an sie tritt und sich wieder von ihr windet, mehr Kampf als Balztanz. Genauso wie der Umgang mit seinem Instrument, das Sim trägt, als sei es das Sperrigste der Welt, während er in großen und langsamen Ausfallschritten umherstreift, ziellos, aber gleichsam elegant.

Im Gesang kommen sich Croft und Sim schließlich ganz nah, wenn sie in Stücken wie „VCR“ oder „Stars“ die Zeilen teilen. Dann stehen die Zuschauer still und gebannt da und lauschen den elegisch vorgetragenen Worten. Und bei Songs wie „Swept Away“ mit seinen Faithless-Anleihen, „Islands“, bei dem das Publikum zum Chor wird, und dem Höhepunkt des Abends, dem hymnischen „Infinity“ mit 80er-Jahre-Touch und dramatischer Steigerung zum Schluss, ist klar, wie „The xx“ in die Indie-Discos stürmen konnten.