Die Alternative-Rock-Band Snow Patrol ist ein Phänomen. Die Songs der Iren kennt eigentlich jeder. Abseits davon haben die fünf Insulaner aber stets ein Aschenputtel-Dasein gefristet. Ein Bild von den Musikern, die im Hintergrund die Instrumente spielen, haben nur die wenigsten vor Augen. Gelegenheit, das zu ändern, gibt es beim Auftritt des Quintetts in der Kölner Lanxess-Arena. Dabei ist auch eine eingeschworene Fan-Gemeinde, die der Show den Charakter einer großen Familienfeier verleiht.

Auf ihre Fans können sich die Jungs von Snow Patrol verlassen. Kaum haben die Bandmitglieder die Bühne betreten, verwandelt sich der dicht gefüllte Innenraum der Arena zur überdimensionalen Hüpfburg und werden die Sitzplätze kurzerhand zum Stehplatzbereich umfunktioniert. Bei „This Isn’t Everything You Are“ meldet sich erstmals lautstark der Fan-Chor, der seine Stimmen gut geölt haben muss, immerhin bleibt er bis zum Finale am Ball.

Sänger Gary Lightbody, dessen Nachname übrigens Programm ist, zeigt sich überwältigt. Grinsend hechtet der lockige Schlacks über die Bühne und geht bei „In the End“ auf Tuchfühlung mit den Fans in den ersten Reihen. Da gibt es dann auch schon ein erstes Geschenk für den 36-Jährigen. Fürs Auspacken nimmt er sich Zeit: Süßigkeiten, Styling Gel und Parfüm. „Vielen Dank! Aber willst du mir damit sagen, dass meine Zähne ausfallen sollen, ich mir die Haare machen und besser riechen soll?“ fragt er mit verschmitztem Lächeln. Vor allem der Damenbesuch schmilzt dahin.

Aber auch die Herren im Hallenrund haben etwas übrig für den smarten und sympathischen Iren. Einer kann sich gar nicht zurückhalten und ruft Lightbody seine Liebesbekundung zu. Der muss lachen, als er bei „Run“ zur nächsten Strophe ansetzen will. Clever übrigens, die wohl schönste Snow-Patrol-Nummer schon ganz früh am Abend zu bringen. Die Hymne, mit der die britische Sängerin Leona Lewis berühmt wurde, ist in der Original-Version der Alternative-Rocker noch um einiges stärker und eindrücklicher.

Sechs Alben haben Snow Patrol bis dato veröffentlicht. Einen Großteil der Songs beim Kölner Auftritt setzt sich aus dem Erfolgsalbum „Eyes Open“ aus dem Jahr 2006 zusammen. „Chasing Cars“ lief damals in den deutschen Radios auf Dauer-Rotation und funktioniert auch heute noch bestens. Snow Patrol haben ein ausgesprochenes Händchen für Balladen, das stellen sie einmal mehr unter Beweis. Und auch der Chor ist wieder zur Stelle. Lightbody hat keine Chance: Am Ende muss er den Fan-Kehlen das Feld überlassen. Beim treibenden Rocker „Shut Your Eyes“ zuvor haben sich beide Parteien den Gesang noch fair geteilt.

Eine Überraschung für den letzten Tour-Auftritt in Deutschland haben Snow Patrol auch in petto: Stellvertretend für die live eher stiefmütterlich behandelten ersten beiden Platten der Band gibt es eine Akustikversion von „An Olive Grove Facing the Sea“. Als Gary Lightbody alleine und nur von einem Spot beleuchtet das Stück vorträgt, ist es vor der Bühne plötzlich mucksmäuschenstill. So geht es also auch.