Depeche Mode / Düsseldorf / 3.7.2013
Rund 89.000 Zuhörer bei zwei Konzerten in der Düsseldorfer Esprit-Arena sind eine Marke. Aber Depeche Mode haben längst den Platz ganz oben im Fach der elektronischen Musik eingenommen. Das, was sie in ihrer 34-jährigen Karriere an Strömungen in sich aufgesogen und geprägt haben – New Wave, Synthpop, Industrial Rock – zeigt der Querschnitt ihres Schaffens auf der aktuellen Tour. Gleichbleibend ist dabei nahezu immer der dunkel gefärbte Touch der Nummern und ein ausgeprägtes Faible für Moll.
Ganz gegensätzlich zu den Stimmungen, die ihre Songs verbreiten, zeigt sich Sänger Dave Gahan in Düsseldorf. Er ist gut drauf, lacht aus seinen schwarz geschminkten Augen. Er tanzt ausgelassen, lässt unter einem Aufschrei die Hüften kreisen und stemmt den Mikrofonständer wie ein Gewichtheber in die Höhe.
Der üppig tätowierte Sänger trägt am Oberkörper nur eine Weste. Hin und wieder lüftet er sie, und die Damen im dichtgedrängten Pulk vor der Bühne verhalten sich, als seien die Chippendales im Anmarsch. Der 51-Jährige genießt das: Er heult wie ein Wolf zum stoischen und mit Effekten verzerrten „Should Be Higher“ von der aktuellen Platte „Delta Machine“.
Die Nummern des insgesamt 13. Studioalbums der Briten stehen im Vordergrund, natürlich auch die erste Single „Heaven“. Äußerst tanzbar und mit Ohrwurm-Refrain kommt „Soothe My Soul“ daher. Geradezu hypnotisch kriecht „Secret to the End“ voran, während Depeche Mode zum Abschluss des regulären Sets mit „Goodbye“ ihr ganz eigenes „You’ll Never Walk Alone“ vorstellen.
Aber auch an Klassikern wird nicht gespart – und das ganz im Sinne der Fans, die die Hits schon mit jedem ersten Ton bejubeln. Da wäre etwa „Barrel of a Gun“, das mit archaisch klingenden Geräuschen beginnt, unter Flackerlicht in einen schweren Rhythmus übergeht und erst im Refrain richtig melodiös wird. „Personal Jesus“ startet mit einem nach staubigem Western klingenden Gitarrenintro, Gahan steht mit ausgestreckten Armen da, als sei er soeben gekreuzigt worden, dann setzt der hämmernde Rhythmus ein, und auf den Tribünen sitzt niemand mehr. Der Sänger vollführt Pirouetten.
Wenig überraschend, aber die absolute Partynummer des Abends ist „Can’t Get Enough“, ein Song, der in keiner 80er-Jahre-Disco fehlt. Da steht die Halle Kopf, ebenso wie beim sphärisch startenden „Enjoy the Silence“. Keine zehn Sekunden und die Handykameras sind gezückt. Die Fans übernehmen den Gesang, Gahan braucht nach anderthalb Minuten stimmlich nichts mehr zu leisten. Andy Fletcher, der die meiste Zeit ungerührt wie ein Roboter hinter seinen Synthesizern ausgeharrt hat, beginnt ausgelassen zu klatschen. Und auch Martin Gore spaziert auf der Bühne umher.
Der eigentliche Kopf hinter den meisten Depeche-Mode-Songs steht zwar auch am Bühnenrand, überlässt aber Gahan die Show, während er selbst zwischen Keyboard- und Gitarrenspiel pendelt. Dreimal tritt aber auch der 51-Jährige Blondschopf mit den schwarz lackierten Fingernägeln ans Mikro. Mit deutlich hellerem Timbre als Dave Gahan singt er zu anfangs spärlicher Gitarrenbegleitung „Higher Love“, gleich danach die Ballade „Judas“, bei der Gore über den Steg schleicht und die letzten Worte nur noch flüstert, sowie die erste Zugabe, das vom Klavier begleitete „Home“.
Neben dem zweiten Auftritt in Düsseldorf am heutigen Freitag kommen Depeche Mode auf ihrer Tour übrigens noch einmal nach NRW: Für den 21. November hat die Band ein Zusatzkonzert in der Kölner Lanxess-Arena bestätigt, am 5. Dezember spielt sie in der Arena in Oberhausen.
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