Elton John / Oberhausen / 3.7.2012
„Greatest Hits Tour“ hat Elton John seine aktuelle Konzertreise betitelt. Ein guter Ansatz, schließlich hat der 65-jährige Brite reichlich Erfahrung bei Best-Of-Zusammenstellungen. Über ein Dutzend Greatest-Hits-Alben hat er in seiner Karriere bereits veröffentlicht. Dass bei rund 100 Singles beim Auftritt in der Oberhausener Arena am Ende aber nicht alle Lieblingssongs der Zuhörer gespielt werden, ist unvermeidbar.
Um die Zuhörer in seinen Bann zu ziehen, braucht Elton John eigentlich nicht mehr als seine Stimme und einen Flügel. Dennoch ist es ganz schön voll auf der Bühne. Insgesamt elf Mitmusiker schart der Künstler um sich, darunter der vierköpfige Damenchor mit Rose Stone, die als Sängerin der Funkband Sly and the Family Stone bereits in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen wurde, die Cellisten Luca Sulic und Stjepan Hauser. Die beiden Kroaten haben die Zuhörer als 2Cellos in der Halle zuvor bereits mit Interpretation von Michael Jacksons „Smooth Criminal“ und „Highway to Hell“ von AC/DC eingeheizt, ehe der Meister seine rund zweieinhalbstündige Show beginnt.
Mit „Tiny Dancer“ kommt schon recht früh einer der großen Klassiker des Briten – für die Damen, wie Elton John verkündet. Besonders bei den balladesken, gefühlvollen Nummern ist der Brite besonders einnehmend und seine Stimme glasklar. „Candle in the Wind“ ist eine solche Komposition, „Don’t Let the Sun Go Down on Me“ oder aber auch „Sacrifice“, das für wohlige Gänsehautstimmung sorgt.
Es geht aber auch anders: Bestes Beispiel ist an diesem Abend die elfminütige Bombasthymne „Funeral for a Friend/Love Lies Bleeding“ mit ihren fast schon orchestralen Zügen und so vielen Melodien, dass andere daraus ganze Alben basteln könnten. Da applaudiert sich Bassist Bob Birch am Ende sogar selbst. Gut aufgelegt sind auch Schlagzeuger Nigel Olsson, der immer wieder grinsend mit der Kamera kokettiert, und Gitarrist Davey Johnstone mit wehend weißer Mähne. Ein wenig problematisch stellt sich die Abmischung bei den instrumental umfangreichen und rockigen Nummern dar. Da geht Elton Johns Stimme hin und wieder ein wenig unter. Schade. Dagegen setzt er seine körperliche Präsenz.
Ganz klar, Blickfang ist sein grün-schwarzes Outfit. Auf dem Rücken seines knielangen Fracks begegnen sich flirtende Flamingos in einer glitzernden Paradieswelt. Dieses Schauspiel präsentiert der Brite immer wieder, wenn er sich von seinem Schemel erhebt, um sich einen Schluck Wasser zu gönnen und mit ausgestreckten Armen ins Publikum zu zeigen. Das macht er gerne und ausschweifend, will er doch seine Finger nicht nur für die weißen und schwarzen Tasten nutzen.
Zwei der vielen Höhepunkte des Abends sind sicherlich „Rocket Man“, das der ewig blonde Elton John vor einem bühnenfüllenden Sternenhimmel spielt, und die solo vorgetragene Kalter- Krieg-Ballade „Nikita“. Ganz groß ist auch „Your Song“, die Zugabe des Abends, die es aber erst nach einer kleinen eingeschobenen Autogrammstunde gibt. Danach muss sich Elton John beeilen. Draußen wartet schon der gelbe Hubschrauber.
Einige Lieder, die wunderbar ins Set gepasst hätten, spart der geadelte Brite aus. Nummern aus seinen Soundtracks zum Beispiel, das Kiki-Dee-Duett „Don’t Go Breaking My Heart“ oder das schwere „Gone to Shiloh“ vom aktuellen Album „The Union“ mit Leon Russell. Bei einer rund 150 Konzerte umfassenden „Greatest Hits“-Tour muss hin und wieder auch etwas Abwechslung her.